Jahresbericht 2011

Hilfe für die Ärmsten der Armen, die Kinder und deren Familien, in einer der ärmsten Slums in Kalkutta

Liebe Freunde der Slumschule in Calcutta,
Ich freue mich sehr, euch die neuesten Eindrücke aus Calcutta mitzuteilen. Im Mai diesen Jahres war ich nun zum 20.Mal dort. Wir freuen uns alle sehr, dass die Schule nun schon 15 Jahre besteht und vielen Kindern eine Möglichkeit für eine menschenwürdigere Zukunft bietet. Ohne alle eure Opfer wäre dies nie möglich geworden. Wir alle sind sehr glücklich zu berichten, dass momentan keines der 140 Schulkinder ohne einen Anschluss ist. Dies bedeutet, dass die ausgebildeten Schneiderinnen zu 50% eine feste Anstellung haben und die anderen eine weitere Berufsausbildung machen können. Momentan sind 68 Kinder auf fortführenden Schulen, das sind 10 mehr als in letztem Jahr. Die Kinder werden mit Stipendien unterstützt dank eurer Grossherzigkeit. Ohne Bildung ist das Entrinnen aus dem «Teufelkreis» der Armut nicht möglich. Es bleibt ihnen dann nur ein Leben in Ausbeutung und Unterdrückung. Dieses schwere Leben haben in Indien leider über 400 Millionen Menschen zu erleiden. Sie haben alle weniger als 50 Cent pro Tag zu Verfügung, so wie viele Eltern unserer Schulkinder. Wir sind sehr bemüht die Schüler weiterzubilden, um eine gute Perspektive für eine ordentliche Arbeit bei einem anständigen Lohn zu ermöglichen. Mittlerweile fördern wir 77 Familien mit Nahrungsrationen jede Woche, was nochmals 10 Familien mehr als letztes Jahr sind. Von dieser Hilfe profitieren über 400 Menschen. Sie bekommen immer am Dienstag einen «Esskorb» mit 3-5kg Reis, 1kg Dall (Linsen), 5-10 Eier, 1-2 Kg Kartoffeln und manchmal auch Waschseife und Öl zum Kochen. Für diese Familiehilfe benötigen wir im Jahr ca. 9,5 Tonnen Reis, 1,8 Tonnen Dall (Linsen), 24.000 Eier und ca. 300 Kg Wachseife zum Wäsche waschen und 360 Liter ÖL. Unsere Schulkinder kommen überwiegend aus diesen Familien.
Dieses Jahr habe ich sehr viele Puzzles zu pädagogischen Zwecken nach Kalkutta mitgenommen. Es war ergreifend, zu sehen, wie schnell und mit welcher Freude die Kinder in der Lage waren, diese Puzzle, die bis zu 300 Teile hatten, zu machen. In Kalkutta habe ich 3 Elternabende veranstaltet. Es ist uns ein grosses Anliegen, die Eltern von der Wichtigkeit des regelmässigen Schulbesuchs zu überzeugen. Zum Verständnis muss man wissen, dass weniger als 10% der Eltern die Schule besucht haben und sie weder lesen noch schreiben kann.
Eine weitere Neuigkeit ist auch, dass wir dieses Jahr am 13.05.2011 die 2 Räume der Nähschule kaufen konnten. Nun sind alle 6 Klassenzimmer im Besitz der Schule. Dadurch können wir auch in Zukunft in Ruhe arbeiten für die uns anvertrauten Kinder. Dies wurde möglich durch zwei grössere Einzelspenden. Wir haben für diese zwei Zimmer nochmals 8000 Euro benötigt.
In diesem Jahr konnten wir 5 Menschen das Augenlicht erhalten bzw. wieder schenken. Einige unserer Schulkinder, aber auch deren Eltern leiden unter grauen Star. Ohne eine Operation wären sie erblindet. Ich möchte mich herzlich bedanken, dass durch all eure Opfer diese Hilfe möglich wurde. Eine Operation am grauen Star kostet 150 Euro. Ich habe auch die vier armen Menschen im Slum besucht, die letztes Jahr an den Augen operiert wurden. Sie alle sehen wieder sehr gut und haben keine Komplikationen. Das ist doch wunderschön.
Nach wie vor sind die medizinischen Kosten für die Armen eine echte Herausforderung. In Indien gibt es kein Krankenkassensystem wie bei. Wer kein Geld hat für eine Behandlung, wird nicht behandelt und stirbt. Diese bittere Realität musste auch die Familie vom kleinen Susaan erfahren. Dieser Junge ist 3 Jahre alt und leidet an Krebs. Er hat ein Neuroblastom. Auf dieses Kind wurde ich eine Woche vor meiner Calcuttareise durch unsere Schule aufmerksam. Als ich Mutter Teresa einmal fragte: «Wem soll man helfen?», da antwortete sie: «Deinem Nächsten, dem du begegnest». So war mir klar, dass wir versuchen müssen, alles zu tun, was in unseren Möglichkeiten steht. Bei einem Monatsgehalt von 20 Euro ist eine Krebsbehandlung eines kranken Kindes ausgeschlossen. Wiederum konnte durch Einzelspenden die Chemotherapie für diesen Jungen ermöglicht werden. Er hatte bisher 8 Chemozyklen. Die Therapie sprach sehr gut an. Der Tumor war im Oktober nun stark zurückgegangen und abgegrenzt, sodass er am 17.10.2011 operiert wurde. Die Operation ist sehr gut verlaufen und Susaan spielt nun schon wieder, wie andere Kinder das auch tun. Die nächsten Monate werden zeigen, ob Susaan tatsächlich geheilt ist, was wir ihm und seinen Eltern von Herzen wünschen. Auch hier trifft der Leitsatz von Mutter Teresa wieder zu: «Wir wissen wir sind nur ein Tropfen im Ozean der Armut, wäre dieser aber nicht da, würde man ihn vermissen».
In diesem Jahr haben wir auch ein kleines Haus für eine sehr arme Familie errichten dürfen. Selbst habe ich die Rohbauarbeiten in Calcutta verfolgt und organisiert. Das Haus für die Familie Kamla hat die Grösse einer Doppelgarage. Ich hatte letztes Jahr von dieser Familie berichtet. Sie haben drei Kinder. Eines von ihnen wurde mit 10 Jahren in einer T-Shirt- Fabrik ausgebeutet für einen Wochenlohn von 30 Cent. Davon konnte sich die Familie ein Kilo Reis und vier Eier kaufen. Dieses zusätzliche Essen war nötig, damit die Familie nicht verhungert. Sie haben auch eine Tochter mit 21 Jahren, die seit 10 Jahren stumm ist. Sie hatte vor 10 Jahren eine Zyste auf den Stimmbändern und der Vater, der ein Monatsgehalt von 20 Euro hat, konnte die Kosten für die Operation damals nicht aufbringen. Die Operation hätte 500 Euro gekostet. Wir sind mit dem Medical College in Kalkutta am abklären, ob ein Eingriff ihr heute noch helfen könnte. Mich hat dies sehr traurig gemacht und ich konnte meine Tränen nicht verbergen.
Durch die vielfältigen Aktivitäten könnt ihr alle sehen, wie nötig und vielfältig die Hilfe im Zusammenhang mit unserem Grundauftrag der Schule ist. Die Bildung ist für uns das Wichtigste. Hier sind die Lehrer durch ihr grosses Engagement und stetiger Verbesserung der Lehrqualität ein echter Meilenstein. Dank ihres Mühens und Bemühens, die Kinder, die in extremen und schwierigen Bedingungen leben, zu befähigen ihre verborgenen Talente zu entfalten, gelingt es immer wieder, ihnen eine menschenwürdigere Zukunft zu eröffnen. Ohne Bildung haben die Kinder eine schreckliche Zukunft zu erwarten. Ein Zukunft, die wir uns lieber nicht vorstellen, so hart ist sie.

Uns ist aber allen bewusst, dass wir nur ein kleiner Tropfen in diesem Ozean der Armut sind. Dennoch werden wir nicht müde weiter für die von Leid und Elend gekennzeichneten Kinder und deren Familien einzustehen. Ich möchte euch allen sagen, dass wir natürlich in erster Linie einen Auftrag für die Bildung der Kinder haben. Jedoch wird immer deutlicher ,dass wir dieses Thema nicht isoliert von den anderen wichtigen Lebensthemen betrachten können Einem Kind nützt die Bildung in der Schule nichts, wenn es nicht ausreichend zu Hause essen kann, dann wird es krank. Auch nützt dem armen Kind die Bildung nichts, wenn es aufgrund einer Augenerkrankung erblindet, oder aufgrund der Tuberkulose stirbt.. So fallen immer vielfältigere Aufgaben für uns alle an, damit wir den Kindern langfristig helfen können. Diese vielfältigen Zusatzaufgaben, die ich kurz angesprochen habe, sind in unseren jährlichen Ausgabenplanung nicht berücksichtigt. Wir können dies nur immer wieder tun, weil es immer wieder überraschende Einzelspenden gibt, die besonders auch für medizinische Hilfe gegeben wird.

Ich möchte euch nun auf den nächsten Seiten gerne einige Bilder zeigen und an dieser Stelle euch alle in den Arm nehmen von den Kindern und den Lehrern. Ohne eure Hilfe wären viele Tränen nicht getrocknet worden. Tränen haben sich vielfach in ein Lächeln verwandelt und in Hoffnung dank eurer Liebe und eurer Opfer. Vielen Dank an all diejenigen, die zu diesem kleinen, jedoch wunderbaren Werk beitragen.

Mutter Teresa sagte: «Die Armen sind nicht dazu da, dass sie uns finden, sondern, dass wir sie finden.» So machen wir uns immer wieder auf, die Menschen und die Kinder in ihrer Not zu Hause zu besuchen. Dann laden wir sie in die Schule ein und schauen, wie wir ihnen langfristig helfen können unter anderem mit Lebensmitteln und Bildung.

Auf diesem Bild könnt ihr den kleinen Susaan sehen. Er ist drei Jahre alt und hat Krebs, ein Neuroblastom IV. Durch 8 Chemotherapien und eine Operation am 17.10.2011. geht es ihm deutlich besser. Er spielt nun wie es alle Kinder in seinem Alter tun. Die nächsten Monate bis Jahre werden zeigen, ob er tatsächlich geheilt ist.

Nach wie vor stimmt der Ausspruch: «Ein leerer Magen hat keine Ohren». Wie schön ist es, dass die Kinder täglich eine vollwertige Mahlzeit in der Schule essen können. Das tägliche Brot ist in den Familien ein Fremdwort.

Hier machen die Kinder mit grosser Begeisterung Puzzles, die ich aus Deutschland mitbringen konnte. Es ist herrlich zu sehen, wie die Kinder all diese Lernangebote nützen.

Auf diesem Bild könnt ihr Reesma sehen. Sie und ihre Familie begleiten wir schon viele Jahre. Leider ist ihr Kind erneut an Tuberkulose erkrankt. Dies bedeutet nun ein 18-monatige Therapie. Bisher hat man Tuberkulose in Indien immer nur 9 Monate behandelt. Aufgrund der Resistenzen, wird eine Behandlung von 18 Monaten empfohlen. Der Vater, der als Ziegenfleischverkäufer 20 Euro pro Monat verdient, kann dies nie ermöglichen.

Dieses Mädchen wurde letztes Jahr an den Augen operiert. Es sieht wieder sehr gut. Wir hoffen sehr, dass wir nicht nur ihre Augen erleuchten können, sondern auch sein Leben für eine Zukunft in Würde.

Dieser Mann heisst Neesam. Er ist 35 Jahre alt und hat Tuberkulose in fortgeschrittenem Stadium. Ich bin froh, dass ich heute sagen kann, dass Neesam das Sterbebbett wieder verlassen hat. Dank der guten Medikamente und der guten Nahrung geht es Neesam nun schon wieder sehr gut, dennoch dauert die Behandlung noch 1 Jahr. Dies alles wäre ohne eure Hilfe nicht möglich.

Die Schneiderinnen sind sehr glücklich und stolz über ihren Abschluss. Sie haben nun die Möglichkeit mit diesem Beruf ein besseres Einkommen zu erzielen. Viele von ihnen verdienen nun 50 Euro im Monat. Das reicht aus, um dreimal am Tag zu essen und um auch mal zum Arzt zu gehen.

Ohne die gezielte Familienhilfe wären schon sehr viele Menschen nicht mehr untere uns. Mittlerweile helfen wir 77 Familien mit mehr als 400 Personen. Sie bekommen jede Woche einen «Korb» mit Reis, Dall (Linsen), Kartoffeln, Zwiebeln und manchmal auch Seife und Öl.

Die Schulleiterin Veronika ist für mich eine echte Perle. Sie ist sehr selbstlos und von Herzen ganz für die Ärmsten der Armen da. Für mich ist sie eine wahre Mutter für die Ärmsten der Armen.

Auf diesem Bild können sie das Haus von Kamla und seiner Familie sehen. Ich habe zu Beginn davon berichtet. Sein Sohn wurde für 30 Cent pro Woche in einer T-Shirt–Fabrik ausgebeutet. Dieser Rohbau entstand als ich im Mai in Calcutta war. Es ist grossartig zu wissen, dass sie nicht mehr wie «Tiere» auf der Strasse leben müssen.

Mit diesem Bild der Schneiderinnenabschlussklasse möchte ich mich verabschieden und euch alle in die Arme schließen. Wenn ihr wüsstet, wie sehr ihr geholfen habt, würdet ihr vor Freude weinen. Es ist schön, dass ihr über all die Jahre dieses sinnvolle Projekt unterstützt. Ich freue mich schon jetzt darauf, auch im nächsten Jahr für unser Projekt, die St. Josef-Schule, wieder nach Calcutta zu gehen. Ich werde am 16. April 2012 fliegen.

Ich möchte euch nun allen einen besinnlichen Advent wünschen, gnadenreiche Weihnachten und Gottes Segen für das Neue Jahr 2012.

Familie Marcus Pohl
In den Linden 15
D-78359 Orsingen
Telefon: 07774/922897(ab 20.00h-22.00h)
E-Mail: Pohl-Marcus@web.de

Gerne gebe ich euch in diesem PDF noch einen Einblick in die Ausgaben des Jahres 2011: zu den Ausgaben 2011